Blaue engel
Zu seiner Jubelfeier im Vorjahr hatte das Gymnasium ihm einen Fackelzug gebracht. Er war auf seinen Balkon getreten und hatte geredet. Während alle Köpfe, in den Nacken gelegt, zu ihm hinaufsahen, war plötzlich eine unschöne Quetschstimme losgegangen: "Da ist Unrat in der Luft!" Andere hatten wiederholt: "Unrat in der Luft! Unrat in der Luft!"
Der Professor dort oben fing an zu stottern, obwohl er den Zwischenfall vorausgesehn hatte, und sah dabei jedem der Schreier in den geöffneten Mund. er fühlte, daß er wieder einmal "nichts beweisen" könne; aber er merkte sich alle Namen. Schon tags darauf gab der mit der gequetschten Stimme dadurch, daß er das Heimatdorf der Jungfrau von Orleans nicht kannte, dem Professor Gelegenheit zu der Versicherung, er werde ihm im Leben noch oftmals hinderlich sein. Mit ihm blieben die meisten in der Klasse zurück von denen, die am Jubiläumsabend geschrien hatten, so auch von Ertzum. Lohmann hatte nicht geschrien und blieb dennoch sitzen. Dieser erleichterte die Absicht Unrats durch seine Trägheit und jener durch seine Unbegabtheit. Nächsten Spätherbst nun, an einem Vormittag um elf, in der Pause vor dem Klassenaufsatz über die "Jungfrau von Orleans", geschah es, daß von Ertzum, der der Jungfrau immer noch nicht nähergetreten war und eine Katastrophe voraussah, in einem Anfall schwerfälliger Verzweiflung das Fenster aufriß und aufs Geratewohl mit wüster Stimme in den Nebel hinausbrüllte: "Unrat!" Tatsächlich aber ging Unrat grade über den Hof. Als der Ruf aus dem Fenster ihn traf, machte er einen eckigen Sprung. Im Nebel droben unterschied er von Ertzums