Montaigne
Bernd Häsner, „Dialog und Essay. Zwei ‘Weisen der Welterzeugung‘ an der
Schwelle zur Neuzeit“, in: Klaus W. Hempfer (Hg.), Grenzen und Entgrenzungen des Renaissancedialogs, Stuttgart 2006, S. 141-203:
Unsystematischer Diskurs
Radikale Subjektivierung
Verschränkung von Subjekt-, Text- und Theoriekonstitution
Digressionen und unerwartete Themenwechsel
Epistemologische Skepsis
Performativität (Essai zugleich als Ausdrucks- und als Erzeugungsmodus einer bestimmten Haltung)
Ähnlichkeiten und Differenzen zum Dialog
Der Schriftsteller Montaigne [...] hat zwei originelle Leistungen vollbracht: die Schaffung des Essays und die Ausbildung eines hochentwickelten schriftstellerischen Bewußtseins, mit dem er Rechenschaft ablegt über sein essayistisches Schreiben. [...] Wir beginnen mit der Analyse seines schriftstellerischen Bewußtseins. Dieses legt sich folgende Fragen vor: Warum schreibe ich, für wen schreibe ich, wie schreibe ich und warum gerade so? Es beschäftigt sich also mit der Sinnfrage, mit der Publikumsfrage und mit der Formfrage. [...] Seine Begründung des Schreibens bildet einen unerläßlichen Teil der Gesamtreflexion über sein Ich, weil das Schreiben selber ein Hilfsmittel dieser Reflexion ist. [...] In einem Maße – wie bisher noch nie – gehört hier das schriftstellerische Bewußtsein zur Selbstanschauung der Individualität. Man kann sagen, daß die Essais einen durchlaufenden Kommentar ihrer selbst darstellen.
(Hugo Friedrich, Montaigne, 3. Aufl.,Tübingen/Basel 1993)
Au lecteur
C‘est icy un Livre de bonne foy, lecteur. Il t'advertit dès l'entrée, que je ne m'y suis proposé aucune fin, que domestique et privée: je n'y ay eu nulle consideration de ton service, ny de ma gloire: mes forces ne sont pas capables d'un tel dessein. Je l'ay voué à la commodité particuliere de mes parens et amis: à ce que m'ayans perdu (ce qu'ils ont à faire bien tost) ils y puissent