Neue wege im grammatikunterricht
Vorweg: Grundsätzliche Fragen, die nur indirekt auf unsere täglichen unterrichtsbezogenen Entscheidungen Einfluß haben, möchte ich im folgenden ausklammern. Solches wäre z.B. die Frage nach dem Grammatikmodell, das dem Unterricht zugrunde liegen soll, oder die Frage nach dem Aufbau des Lehrwerks. Verzichten möchte ich auch – denn das würde den Rahmen der Veranstaltung sprengen – auf Ratschläge zur Behandlung einzelner grammatischer Erscheinungen.
Im wesentlichen beziehe ich mich mit meinen Ausführungen auf die Phase des Lernens mit dem Lehrwerk.
Krise des Grammatikunterrichts
In den letzten Jahren wurde immer wieder von der Krise des Französischunterrichts gesprochen, und dabei stand besonders der Grammatikunterricht im Visier der Kritiker. Der französische Cartoonist Esnault hat das zentrale Problem recht deutlich veranschaulicht: Da baut der Lehrer voller Freude mit den Bausteinen der Grammatik eine Mauer zwischen sich und dem frustrierten Schüler. Dieser Lehrer hat die irrige Annahme, sprachliche Kompetenz sei das Ergebnis der Aneinanderreihung von Grammatikbausteinen. Für diesen Unterricht sind gute Grammatikkenntnisse und nicht gute Sprachkenntnisse des Lehrers gefordert.
Der schulische Unterricht konzentriert sich auf die Einzelheiten der Sprache und verstellt den Blick auf das Ganze. Der mit der Sprache ausgedrückte Sinn scheint im Unterricht - d.h. für den Lehrer - sekundär. Werner Bleyhl (1999) formuliert das drastischer: Der traditionelle Grammatikunterricht gibt dem Hungernden die Speisekarte zu essen statt der Speise und beklagt sich hinterher, daß die Lerner Leibschmerzen haben und nicht mehr essen wollen.
Zimmermanns Untersuchungsergebnisse zur Stellung der Grammatik im Fremdsprachenunterricht sprechen eine eindeutige Sprache: 77,1% der Schullehrer, 85,7% der Lehrer an privaten Sprachschulen, 80% in der Industrie, 68,8% am Goethe-Institut und noch 67,2% der Lehrer an der Volkshochschule unterrichten